Zum Artikel vom 24. Juni 2024 in der NDZ: Schulleiter Cederic Liebrum kritisiert Gegner der IGS-Oberstufe deutlich
Wenn alles so einfach wäre: Eltern wünschen sich – z.B. eine Oberstufe für die IGS –
(selbst-)verständlich die Eltern der Schülerinnen und Schüler der IGS, aber auch ein Großteil der befragten Eltern. Wie lautete die Frage der Verwaltung? „Würden Sie Ihr Kind an der IGS anmelden, wenn die IGS eine Oberstufe hätte?“ Diese Frage kann theoretisch jeder mit ja beantworten, da die Antwort mit keiner Verpflichtung einhergeht. Eltern der Grundschulkinder und Kinder im letzten Kita-Jahr machen sich darüber zunächst weniger Gedanken, gegen Ende der Grundschulzeit fällt die Entscheidung – dabei präferieren Eltern zunehmend das Gymnasium. Aus dieser Fragestellung den Wunsch der Springer Eltern nach einer IGS-Oberstufe abzuleiten – wir hätten eine differenziertere Fragestellung erwartet.
Historie:
2013 war die Situation eine andere, die Eltern haben mit den Füßen abgestimmt, ihre Kinder nicht mehr an der Hauptschule angemeldet, so dass kaum eine Klasse gebildet werden konnte. Eine nicht geringe Anzahl von Eltern schickte ihre Kinder an die Gesamtschulen in Wennigsen oder Pattensen, zu der Zeit beide noch ohne Oberstufe. Diese Entwicklung machte allen an Schule Beteiligten und für Schulen Verantwortlichen gleichsam Sorgen, vor allem auch, da die damit verbundenen Gastschulbeiträge für Investitionen in die eigenen Schulen fehlten.
Wir wollten den in Springe wohnenden Kindern ein für sie interessantes Schulangebot machen, mit dem Ziel, dass die Kinder im Stadtgebiet die weiterführende Schule besuchen und dort alle Abschlüsse erreichen können. Da die Eltern die weiterführende Schule für ihr Kind auswählen, haben wir sie nach ihren Wünschen befragt. Es ging bei der Befragung also um die Aufgabe der Hauptschule und Realschule zugunsten einer IGS.
Die IGS wurde damals nach intensiver Vorbereitung mit Gesprächen am Runden Tisch Schule gegründet. Beteiligt waren Politik, Verwaltung, Elternvertreter und Lehrer des Gymnasiums, der Realschule und der Hauptschule. Dieses Vorgehen hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Schulfrieden gewahrt wurde. Dieser ist derzeit tief gestört- zerrüttet. Das sind keine guten Voraussetzungen für herausfordernde Zeiten.
Klare Vorgabe war: es wird eine IGS gegründet, die Schülerinnen und Schüler bis Klasse 10 besuchen können. Als besonderes Merkmal: eine enge Kooperation im Fach Arbeit/Wirtschaft&Technik, Praxisanteile sollten an der BBS unterrichtet werden, eine gute Vorbereitung auch bei einem Wechsel nach Jahrgang 10 auf eine der beiden gymnasialen Oberstufen der BBS. Diese wurden als Oberstufe der IGS gesehen.
2024
Bei der Erstellung der Vorlage für den SSKA im Juni 2024 und den Rat wurde sehr einseitig ausschließlich auf die Wünsche der IGS eingegangen und diese dargestellt. Wir hatten im Herbst letzten Jahres einen Fragenkatalog an die Verwaltung gesendet, um die Folgen einer Entscheidung für eine Oberstufe an der IGS transparent zu machen, um möglichst viele Erkenntnisse in die Entscheidungsfindung einbeziehen zu können. Der Fragebogen geriet bei der Verwaltung in Vergessenheit, rudimentär wurden die Fragen im SSKA beantwortet, wesentliche Fragen blieben offen. – so weit zum Vorwurf es hätten alle Fakten vorgelegen, bzw. wir hätten sie nicht erkannt. Die Abstimmungsgegner hatten einen deutlich umfänglicheren Blick auf die Gesamtsituation.
Ein Aspekt, die Raumsituation: die IGS will sich für die neu zu gründende Oberstufe mit dem Provisorium begnügen, in dem die Schülerinnen und Schüler während der Bauphase untergebracht waren – „Modell Flurschule“. Im Ernst? – so gar nicht passend zum Rest der Schule. Wir haben in einer langen Bauzeit die IGS so ausgestattet, dass ein fortschrittliches, zukunftsfähiges Arbeiten möglich ist, viel Platz, Differenzierungsräume, Lerninseln, kurz alles, was man einer Schule heute nur wünschen kann. Bei der Digitalisierung war die IGS als neue Schule von Anfang an ganz vorne, als neue Schule hatte sie Vorrang vor allen anderen, die anderen Schulen in der Stadt haben darauf Rücksicht genommen. Nun soll die Oberstufe in den beengten Räumlichkeiten untergebracht werden, die übrigens den Platz eines ehemaligen Multifunktionsfeldes belegen, das dann im zukünftigen Angebot weiter fehlen würde.
Das Provisorium ist auch energetisch suboptimal (vorsichtig ausgedrückt); Herr Götze hatte skizziert (wohl gemerkt erst in der entscheidenden Ratssitzung, die Fragen danach lagen neun Monate vorher schon vor) welche Kosten bei einer energetischen Ertüchtigung, welche bei einem 1:1 – Ersatz durch eine hochwertigere Variante, welche bei Ersatz durch einen Gebäudekomplex in modularer Bauweise entstehen würden. Das ist die Gebäudekostenseite. Dazu kommen dann der Unterhalt – und ebenfalls für den Haushalt relevant – die Abschreibung.
Die Mensa ist platzmäßig gebaut für Schülerinnen und Schüler bis Jahrgang 10 – da kommt über kurz oder lang das nächste Problem.
Wer A sagt muss auch B sagen, hier besser bezahlen“ – die Wünsche nach einer Anpassung würden sehr schnell kommen, wir können sie aber derzeit nicht stemmen!
Wir haben klar nach dem Vorsatz gehandelt: Wir beschließen nur das, was wir auch umsetzen, heißt leisten können – die bestehenden Wunschlisten sind lang genug.
Auch wenn wir den Wunsch nach einer eigenen Oberstufe nachvollziehen können, hätte die Entscheidung für die Einrichtung weitreichende Konsequenzen, in erster Linie für den Haushalt der Stadt: zusätzliche Schaffung von Räumen, deren Ausstattung aber auch deren Unterhaltung würden die schon dramatische Haushaltslage weiter verschärfen. Wir haben jedoch auch Verpflichtungen gegenüber den anderen Schulen und dann stehen da noch wichtige Infrastrukturprojekte wie Rathaus, Feuerwehrhäuser – um mal bei den Gebäuden zu bleiben, auf unserer Agenda.
Was besonders bitter wäre: die Schülerinnen und Schüler der IGS würden in den Oberstufenklassen der BBS fehlen (sie machen derzeit die Hälfte der Schülerinnen und Schüler aus), längerfristig würde dies das Aus für die beiden Oberstufen bedeuten. Konsequenz: Schülerinnen und Schüler der IGS und des OHG, die nach der 10. Klasse das Abitur mit dem Schwerpunkt Wirtschaft oder Gesundheit und Pflege anstreben, müssten das Stadtgebiet verlassen, versuchen einen Platz an den Schulen in Hannover oder Hameln zu bekommen, was nicht immer gesichert ist – auch hier werden die Plätze dann knapper.
Das Angebot der beiden zusätzlichen Oberstufenschwerpunkte an der BBS wird von der Region finanziert, es belastet den städtischen Haushalt nur mittelbar durch die Regionsumlage.
Wünsche und Realität:
Kommen wir zurück zu den Wünschen: entscheidend ist, dass es in der Springer Elternschaft seit über 20 Jahren Wünsche gibt: berechtigte Wünsche: nach Toilettensanierungen in den Grundschulen, nach zusätzlichen Räumen/ Mensen, nach Sanierungen der Gebäude, das OHG wird ebenfalls seit mehr als 10 Jahren vertröstet.
Wir haben im Stadtgebiet zwei Schulen, die sich über moderne Räumlichkeiten freuen können (GS Bennigsen, IGS), wir würden diesen Standard jeder Schule gönnen, müssen aber mit unseren begrenzten Mitteln auskommen. damit sind nicht nur die finanziellen Mittel gemeint, sondern vor allem auch die personellen Ressourcen der Stadt.
Wir stehen bei den Grundschulen zunächst bzgl. der Schaffung von Räumen für die Einnahme eines Mittagessens (verpflichtender Ganztag ab 2026) und beim OHG im Wort – jetzt hat für uns zunächst die Realisierung dieser „Baustellen“ oberste Priorität.
Gerne würden wir alle Wünsche erfüllen, aber: ganz schlicht zusammengefasst:
derzeit können wir das nicht leisten.
Der Vergleich zu den Nachbarkommunen , den Herr Liebrum anstellt– hier sind wohl Wennigsen und Pattensen gemeint, die mittlerweile beide eine Oberstufe haben – hinkt. Sowohl Wennigsen als auch Pattensen haben kein Gymnasium, das heißt, die Schülerinnen und Schüler mussten nach der 10. Klasse das Stadtgebiet verlassen, um eine gymnasiale Oberstufe zu besuchen.
Bei allem Verständnis für die Enttäuschung über das Votum des Rates ist es doch mehr als befremdlich, dass sich die Leiterin der BBS beim Verlassen der Ratssitzung beschimpfen lassen musste. Dafür habe ich gar kein Verständnis.
Wenn ich noch einmal in unseren Nachbarlandkreis schaue: Die KGS Bad Münder möchte ebenfalls eine gymnasiale Oberstufe einrichten um ihren Schülerinnen und Schülern einen Schulbesuch bis zum Abitur vor Ort zu ermöglichen. Hier ist der Landkreis der Schulträger, der den Antrag abgelehnt hat mit der Begründung, dass die anderen gymnasialen Oberstufen dann zahlenmäßig zu klein und damit weniger leistungsfähig wären. Möglicherweise könnte auch ein Bestand gefährdet sein. Durch die Einrichtung von immer mehr gymnasialen Oberstufen bekommen wir nicht automatisch mehr Oberstufenschüler/Abiturienten.
Elke Riegelmann